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A Plan of the fortified place of Badajoz, drawn by one of Wellingtons engineers, Sir A.Dickson


The Sieges of the Peninsular War - Gruesome Experiences of an Invincible General

"The truth is, that, equipped as we are, the British army are not capable of carrying on a regular siege!"

(Wellington to Colonel Torrens, Military Secretary to the Duke of York, 7th April 1812)

 

In Sir John Jones' "Journals of the Sieges carried out by the army under the Duke of Wellington " (3rd.Ed. 1846), I found a very interesting statement from a distinguished Peninsula engineer officer:" In 1811 the siege establishmet of the empire was as imperfect and uninstructed as in 1793!". Sir Charles Oman in his great History of the Peninsular War declares even blunter:" Everyone knows that the record of the Peninsular army in the matter of sieges is not the most brilliant page in its annals!" Wellington himself was already cited at the beginning: So what was the reason for this deficiency with so performant a body of men and so capable a commander?

First and foremost, it was again politics; in time of peace the Ministers had worked out from an economical point of view, that if war would come, King George III.'s army would not be called upon to undertake sieges! Suitable guns for these operations nevertheless existed in the arsenals of Woolwich,but there were neither men to operate them, nor means to transport them. Previous to Wellington's operations in Spain, men to man siege guns had been borrowed from the artillery and the guns themselves were transported by the Royal Navy, as basically the single employement they had seen, was some battering in costal Flanders at the very beginning of the Wars of the Revolution.

There was a small but skilled corps of Royal Engineers, serious-minded and scolarly men; in April 1809 there were a mere 179 of them, including 9 colonels and 12 lieutenant-colonels were rather elderly gentlemen, as Royal Engineers were promoted strictly by seniority! From this body, 17 were send out to the Peninsula by the end of that year, they were commanded by a 41-years old major - Richard Fletcher! He should be Wellington's Chief Engineer until 1813, when he met his fate at Burgos.

The chance of an engineer to survive into old age was small on Wellington's theatre of war: Of the 21 engineers present at Badajoz in May 1811, only 11 survived and only 5 of them were unwounded! In any single siege of the Duke, about 50 Percent of his engineer staff were casualities: At Badajoz in 1812, 11 out of 34 were killed or wounded. The ratio at San Sebastian was even higher; 11 out of 18 met their fate!

There were no rankers in the Engineers' Corps, but it existed a Royal Corps of Military Artificiers, which in 1809 consisted of 12 companies, of which 8 were stationed at home in England, 2 were in Gibraltar and 1 each in the West Indies and Nova Scotia. These men ramained for life on their assigned stations: It was somehow a state of vegetation and a vaste number of these specialists had grown old and grey without ever putting foot on the wooden planks of a military transport vessel or even made a single day march from headquarters. They married in a proportion unknown in other corps and everywhere they intermixed with the civilian world.Little movement, motivation and 'knack to fight it out' could be expected from so respectable a body and skilled though they were in the arts of smithery and carpentry, most never had seen a sap, battery or trench constructed.

This was the challenge, Arthur had to affront in addition to the impossing walls of Badajoz, Ciudad Rodrigo, Burgos or San Sebastian!


From my forthcoming novel 'Warlord'-'Der Herr des Krieges':The Siege and the Storming of Badajoz the Invincible

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Soldiers storming the Place of Badajoz

(Chapter 5 Part 2)

Am 8.März 1812 war eine beachtliche Belagerungsartillerie, bestehend aus sechzehn 24-Pfündern, zwanzig 18-Pfündern und sechzehn 5 ½ Inch-Howitzern gemeinsam mit ihren Munitionszügen und Batteriebesatzungen in Elvas, bei Sir Arthur. Sir Alexander Dickson hatte wieder einmal ein kleines, logistisches Wunder vollbracht. Bereits zwei Tage später waren der gesamte Artilleriepark, Pontonbrücken, Arbeitsgerät und spanische Boote, um den Guadiana zu überqueren einsatzbereit. Und so konnte am 17.März 1812, St.Patrick’s Day, dem wichtigsten Festtag der Iren, ein gezielter Schuß aus einem britischen Zwölfpfünder auf einen dreiecksförmigen Vorposten auf der linken Seite des Rivillas die Belagerung von Badajos ungestört eröffnen. Tausende von britischen, portugiesischen und spanischen Soldaten hoben Tranchees zum Schutz von zwölf schweren Batterien aus. General Phillipon merkte erst am nächsten Morgen, welche Pläne sein Gegner wirklich hatte und in welcher Gefahr seine Festung sich befand. Eine Woche nach dem ersten Kanonenschuß gegen San Trinidad eröffneten alle zwölf, voll bestückten Batterien fast gleichzeitig ihr verheerendes Feuer gegen die Wälle von Badajos und die Außenposten.

Lord Wellington hatte, nach zwei schmerzlichen Fehlschlägen im Vorjahr beschlossen, die Auster dieses Mal von der anderen Seite zu knacken, alle Lehren des alten Vauban außer Acht zu lassen und über einen Fluß hinweg eine Festung zu beschießen und anzugreifen. Grund hierfür war Jack Robertsons gefährliche Aufklärungsmission hinter den Stadtmauern und Wällen. Seit den beiden mißglückten, alliierten Belagerungen des Vorjahres, hatte der ideenreiche und energische, französische Gouverneur von Badajos, General Phillipon den Außenposten Fort Cristoval repariert und zusätzlich befestigt. Ein weiteres Fort war an der Stelle errichtet worden, an der 1810 die schweren, britischen Geschütze in Stellung gebracht worden waren. Das Kastell war gleichfalls ausgebaut und verstärkt worden. Im Inneren gab es nicht nur mehr Artillerie, sondern auch Schanzen für die Verteidiger. Damit wollte der Franzose die Hauptgarnison gegen einen Angriff von Fort Cristoval aus, absichern. Und am Südwall und Südwestwall von Badajos hatten die Offiziere und Unteroffiziere des kaiserlichen Ingenieur-Korps Unmengen von Minen gelegt. Im Hauptverteidigungsgraben um die Festung war eine ‘Cunette’, ein zusätzlicher Sicherungsgraben verlegt worden, den Rivillas hatten die Franzosen bei Fort San Roque gestaut und damit flußaufwärts eine überschwemmte Fläche von 1000 Yards Länge als zusätzliches Hindernis für einen potentiellen Angreifer geschaffen.

In der Sturmnacht des 25.März 1812 beschloß General Wellington den Angriff gegen Fort Picurina und San Roque zu wagen. Der Befehl, diese schwere Aufgabe auszuführen erging an die Dritte Division und Sir Thomas Picton. Der Angriffsplan des alten Walisers war einfach und unkompliziert, denn es handelte sich um eine Aktion, mitten in der Nacht und unter dem Schutz der Dunkelheit. Sir Arthur und sein Stab befanden sich unweit der Batterie NE 1, keine 300 Yards vom Westwall des Forts entfernt. Alle Elemente schienen sich gegen Belagerer und Belagerte verschworen zu haben. Ein wilder Sturm peitschte die Ebene vor Badajos, der Guadiana war über die Ufer getreten, gnadenlos strömte kalter Regen vom Himmel herab und verwandelte die Tranchees in eine Sumpflandschaft. Die Geschütze der Alliierten und der Franzosen dröhnten. Neben den Blitzen, die am Himmel zuckten, erleuchteten die Mündungsfeuer die Nacht zum Tage. Der Oberkommandierende hatte Schutz unter einer Wachsplane gefunden, die die Soldaten notdürftig zwischen ein paar Stangen gespannt hatten. Auf einem Holztisch lag eine Karte der Forts, Tranchees und alliierten Stellungen ausgebreitet. Sir Thomas entzündete seine Zigarre an einem Holzkohlefeuer der Batterie. Dann erläuterte er dem Iren seinen Plan. Picurina war bis zu einer Mauerhöhe von neun Fuß ordentlich befestigt. Der obere Teil des Westwalles bestand lediglich aus festgeklopfter Erde und Holz. Den Abschluß schützten ‘ fraises ‘, angespitzte Pfähle aus Hartholz, die horizontal in die Erde getrieben worden waren. Der verwundbarste Teil von Picurina war der flache Ostwall, der aus Holzpalisaden bestand. Die Garnison zählte etwa 300 Mann und sieben leichten Geschützen. General Picton schlug vor, eine Sturmtruppe von zweihundert Mann loszuschicken, begleitet von einem Offizier des Ingenieurkorps, Minenlegern, Feuerwerkern und mit Werkzeugen ausgerüsteten Soldaten, die für spezielle Erdarbeiten ausgebildet worden waren. Die Briten würden mit Sturmleitern die Südflanke des Forts umgehen und den Ostwall angreifen. Eine zweite Sturmtruppe gleicher Stärke würde Picurina nördlich umgehen, die Hälfte ihrer Männer abstellen, um die Kommunikation mit Badajos zu unterbrechen und sich dann der ersten Gruppe mit den übrigen hundert Mann anschließen. Eine Reserve von einhundert Mann würde bei Batterie NE2 warten, um einen frontalen Angriff einzuleiten, falls dies notwendig würde. Lord Wellington hörte seinem General aufmerksam zu. Doch im Mündungsfeuer der französischen Kanonen konnte Tom erkennen, wie die Stirn seines Vorgesetzten sich dabei in sorgenvolle Falten legte. Der Ire fuhr sich mit der Hand ein paar Mal über die müden Augen, bevor er antwortete: " Ich wünsche Ihnen viel Glück, Sir! "

General Picton hatte einen so kurzen Kommentar zu seinem Angriffsplan nicht erwartet. Auch Wellingtons Adjutanten und die Stabsoffiziere schienen verwirrt.

" Mylord, sind Sie mit meiner Vorgehensweise nicht einverstanden?", fragte er Arthur leise.

" Nein, Tom! Ich mache mir nur Sorgen...... Wenn die Männer am Ostwall angekommen sind und ihn nehmen sollten, dann wird Phillipon mit allen Geschützen auf den westlichen Befestigungen von Badajos, Fort Picurina beschießen, falls auch nur ein einziger Adler die Kommunikationslinien durchbricht und in die Stadt gelangt. ......!" Lord Wellington dachte an die vierhundert von Kanonenkugeln und Kanistermunition zerrissenen Leiber, die man am nächsten Morgen aus dem zerstörten Vorposten würde bergen müssen. Und die, die die Adler nicht in Stücke geschossen hatten, würden in der künstlichen Überschwemmungszone am Avillas ertrinken und dann langsam, flußabwärts auf das britische Feldlager zutreiben, um den Überlebenden von einem erneuten Fehlschlag vor Badajos Kunde zu bringen. Ein kalter Schauder lief ihm das Rückgrat hinunter und lies ihn zittern. Picton vermutete, daß es seinem bis auf die Knochen durchnäßten Oberkommandierenden kalt war.

" Mylord, bitte! Überlassen Sie diese Nacht alle Sorgen General Kempt und mir. Wir werden den Vorposten stürmen! Sie sollten sich vielleicht irgendwo eine Tasse heißen Tee besorgen, ansonsten holen Sie sich noch eine Lungenentzündung! Wir beide sind warmes Wetter gewöhnt, nicht war?" Tom reichte Wellington die Hand, nickte ihm zu und verließ die Stellung von Batterie NE1, um seine Männer in den Kampf zu führen. Der Ire hob die Augen zum Himmel und sagte leise zu sich selbst: "Allmächtiger Baumeister, schütze den alten Hitzkopf vor den Franzosen und seiner eigenen Tollkühnheit! Nicht auch noch Tom! Bitte!" Er hatte den Verlust von Black Bob Craufurd , als Freund und Kommandeur nicht überwunden. Die Idee, daß den Waliser auf den Schanzen vor Badajos ein ähnliches Schicksal erwarten könnte, bereitete ihm regelrecht schlaflose Nächte. Er wußte nicht, wer die Dritte Division führen würde, wie der alte Feuerfresser und seit dem stürmischen Kennenlernen in Viseu schätzte er nicht nur den Offizier, sondern auch den Mann Picton.

Obwohl zwei Angriffe gegen den Ostwall von Fort Picurina von den Franzosen abgewehrt werden konnten, fiel der Vorposten vor dem frontalen Ansturm von General Kempts Reserven aus Batterie NE2. Nur Oberst Gaspard-Thierry, der Kommandeur des Außenpostens und zwei weitere Offiziere konnten nach Badajos fliehen. Alle anderen Adler wurden entweder gefangengenommen, oder getötet, oder sie ertranken auf der Flucht vor den Briten elendiglich in der Überschwemmungszone des Rivellas. Doch gleichzeitig mit der Erfolgsmeldung von Sir Thomas erhielt Lord Wellington auch die Verlustliste der Erstürmung von Fort Picurina. Dreihundert der fünfhundert Angreifer waren entweder beim Sturm gefallen, oder verwundet worden. Das anglo-alliierte Feldheer hatte die Einnahme der ersten Schlüsselstellung vor Badajos teuer bezahlt. Doch der Kampfgeist der Soldaten war durch diesen grausamen Blutzoll nur noch verstärkt worden. Am nächsten Morgen bereits, konnte Arthur bewundernd feststellen, daß seine Ingenieure in etwas weniger als sieben Stunden eine weitere Batterie mit zwei schweren 24-Pfündern in der ehemaligen, französischen Bastion in Stellung gebracht und verschanzt hatten. Geschütze dieses Kalibers, gut adjustiert und mit kompetenten Artilleristen besetzt, konnten einer Befestigunganlage unermeßlichen Schaden zufügen. Die beiden neuen Geschütze zielten exakt auf die Spitze der westlichsten der zwölf ‘lunettes’ von Badajos, der San Trinidad-Bastion. Gnadenlos schossen britische und portugiesische Artilleristen in einer tödlichen Kadenz gegen die Wälle der Stadt. Die Belagerten antworteten mit einem ebenso vehementen Feuer. Unter dem Hagel schwerer Eisenkugeln, leichterer Spreng- und Splittermunitionen, Kanister und britischem Schrappnell gruben die Soldaten, unter Anleitung des furchtlosen Oberst Fletcher und seiner Assistenten die Tranchees weiter vor, in Richtung auf die Mauern von Badajos. Am Ende lagen nur noch der schmale Rivillas, und 200 Yards zwischen den Tranchees, die direkt unter dem vorgelagerten Posten San Roque endeten. Doch eines Morgens, am letzten Märztag des Jahres 1812 widerfuhr dem Ingenieur das schlimmste Unglück, daß einem Schotten widerfahren konnte: Eine französische Musketenkugel traf ihn genau in die Geldbörse. Der Oberstleutnant hatte Glück im Unglück. Ein silberner Dollares schob sich zwischen die Kugel und seinen Leiste und minderte den harten Aufprall und die zerstörende Wirkung des Bleis. Seine pralle Geldbörse rettete ihm das Leben. Als Lord Wellington von der Verwundung seines zweitwichtigsten Mannes für die Belagerung erfuhr, eilte er sofort hinter die alliierten Linien, in Sir James McGrigors Feldlazarett. Don Antonio, Fitzroy Somerset und Colin Campbell folgten ihrem sehr besorgten General dicht auf. Arthur mußte seinen ganzen Mut zusammennehmen, um durch die Öffnung des großen Lazarettzeltes zu treten. An vielen Tischen kümmerten sich die Chirurgen und Feldscher um verwundete Soldaten. Vor dem Zelt drängten sich die Männer. Manche saßen, andere lagen im Gras und warteten darauf, daß man sich um sie kümmern konnte. Sanitäter und ehemalige Regimentsmusikanten eilten mit Wasser zwischen den Verwundeten hin und her oder leisteten, bei unerheblichen Kratzern erste Hilfe. Im Inneren des Zeltes stank es durchdringend nach Kampferessig. Während einer Belagerung, mit einem fest installierten Hospital, war es für die Ärzte einfacher, für ein wenig Sauberkeit zu sorgen. Die Männer im weißen Kittel sahen alle furchtbar abgekämpft und müde aus. Nach Ciudad Rodrigo und den dortigen Opfern hatten sie - zusammen mit den Truppen - sofort nach Süden marschieren müssen. Es war ihnen gerade noch Zeit geblieben, das Feldhospital aufzuschlagen. Dann waren schon die ersten Patienten angekommen. Durch den Regen und das schlechte Wetter mußten sie sich nicht nur um die üblichen Kriegsverletzungen kümmern, sondern auch um Lungenentzündungen, Geschwüre, Fieber, Hautausschläge und andere Übel.

" Wo ist Ingenieur Fletcher, Soldat?" Colin Campbell hatte den ersten Sanitäter, dessen er habhaft werden konnte gepackt und vor lauter Aufregung angeschrieen. Der Mann zuckte erschrocken zusammen und zog den Kopf ein. Anstelle einer Antwort wies er nur eingeschüchtert mit der freien Hand nach Hinten. Campbell stieß ihn grob zur Seite. Gemeinsam mit dem Iren und seinen beiden Kameraden rannte er fast bis zu einem von Decken abgeteilten Eck des Zeltes. Dann hörten sie alle ein kräftiges, lautes Fluchen und atmeten erleichtert auf. Der Ingenieur lebte. Sein Vorrat an Kraftausdrücken übertraf noch den von Tom Picton. Wellington seufzte hörbar und schlug eine Decke zur Seite. Von einem jungen Feldscher assistiert, stand Lady Lennox über den übel schimpfenden Schotten gebeugt. John Dunn reichte ihr Baumwollkompressen und die Instrumente. Zwei kräftige Soldaten aus Sir.Alexander Wallace 88.Regiment bändigten den Oberstleutnant, der um sich schlug, wie ein Wilder.

" Ganz ruhig, Fletcher! Ich geb’s Ihnen ja zurück! Der Sanitätsdienst ist ehrlich!", witzelte Sarah, um den Offizier von ihrem schmerzhaften Eingriff abzulenken. " Jetzt, haltet ihn gut fest!", hörte Arthur sie den beiden Soldaten ruhig befehlen. Dann sah er eine ruckartige Bewegung und einen grinsenden Arzt, der seinem stöhnenden Patienten irgend etwas in die Hand drückte: " Der gehört Ihnen, Oberst ! Und ich versichere Ihnen, auch ein verbeulter Dollares ist noch etwas wert! Oder hängen Sie ihn einfach als Glücksbringer um den Hals...!", sie wandte sich dem jungen Feldscher zu:"Douglas, nähen sie alles ordentlich zusammen, verbinden Sie die Wunde, geben sie ihm einen kräftigen Schluck Laudanum und sorgen Sie dafür, daß man den Oberst ins Bett legt! Und dort bleibt er vorerst auch." Dann wusch sie ihre blutigen Hände in einem Eimer Wasser sauber und ging zu Wellington und den Adjutanten hin: "So, laufen wird er die nächsten vierzehn Tage wohl nicht, aber niemand muß sich Sorgen machen. Ich habe dem Obersten gerade einen silbernen Dollares aus der Leistengegend entfernt! Für einen sparsamen Schotten ärgerlich, wenn der Feind so scharf auf die Geldbörse zielt....... " Leicht legte sie ihre kleine Hand auf Arthurs Arm und führte ihn aus dem Lazarettzelt hinaus ins Freie. Campbell, Don Antonio und Somerset sprachen ihrem stöhnenden Kameraden Mut zu und amüsierten sich boshaft über seine sonderbare Verletzung.

Im Freien konnte man außer dem Donnerhall der Geschütze noch das Quaken von Tausenden von Fröschen hören. Aus den Sümpfen im Süden von Badajos, waren sie durch die Überschwemmungszone bis in die britischen und portugiesischen Stellungen gewandert. Es war eine laute, glitschige und leuchtend grüne Invasion, die den Soldaten Tag und Nacht die Ruhe raubte, als ob Bonny eine geheime, französische Waffe einsetzte, um seinen britischen Gegner zu besiegen. Schnell hatten die Rotröcke begriffen, daß diese Störenfriede nicht einmal für den Kochtopf taugten. Sarah schob Lord Wellington durch die Reihen der wartenden Verwundeten hinüber zu einem kleinen Zelt, in dem die Ärzte sich ausruhten und Tee tranken: " Setz Dich ein bißchen zu mir, Sepoy-General! Du siehst so schrecklich müde aus! " Sie streckte ihm eine Tasse heißen Tee hin und schöpfte ein warmes Ragout aus einem großen Kessel, der auf einem kleinen Feuer, direkt vor dem Zelt leise vor sich hin köchelte. Zuerst wollte der Ire den Teller zurückweisen. Der Anblick vor und im Lazarettzelt war ihm auf den Magen geschlagen. Doch Sarahs spöttisch-strafende Augen überzeugte ihn davon, daß sie vielleicht doch recht hatte und er etwas Warmes hinunterwürgen sollte. Seit Beginn der Belagerung hatte er kaum geschlafen und sich hauptsächlich von starkem, schwarzen Kaffee ernährt: " Sag, meine Liebe! Wie haltet Ihr Ärzte das eigentlich aus!" Er betrachtete die junge Frau interessiert. Seit er sie kannte, fragte er sich, wie diese zarte, junge Wesen das ganze Elend und Grauen, daß sie sehen mußte nur ertrug, ohne dabei Schaden zu nehmen, während er, der alter Soldat, der seit mehr als zwanzig Jahren auf zig Schlachtfeldern gestanden hatte, ständig von den schrecklichsten Alpträumen geplagt wurde.

"Weißt Du, manchmal da kommt einer von denen zu Dir, bei dem Du keinen Penny drauf gegeben hättest, daß er die Nacht überlebt und bedankt sich, weil Du ihm trotzdem die Haut gerettet hast. Diese Patienten machen viel von der Verzweiflung wieder weg, die über denen erwächst, die Dir unter den Händen sterben, oder denen Du nur noch mehr Opium einflößen kannst, als eigentlich vorgeschrieben, in der Hoffnung, daß sie nie wieder aus ihrem tiefen Schlaf aufwachen. Und dann sind da die Kinder, denen wir auf die Welt helfen, oder das kleine Wehwehchen, die Erleichterung in den Augen eines Patienten, weil Du den Zahn gezogen hast, der ihn schon seit Tagen quält..... All die banalen Dinge, die uns jeden Tag zeigen, daß unsere Arbeit Sinn macht.......", liebevoll strich sie dem General über die Wange," Manchmal mein Freund, glaube ich, Du machst Dir zuviele Sorgen und wenn Du alleine bist, dann hängst Du jedem schwarzen Gedanken nach, der Dir gerade über den Weg läuft!", sie schüttelte den Kopf, " Arthur, Arthur, Du solltest versuchen, mit jemandem zu reden, wenn Du nicht mehr weiter weißt. Immer nur alles in sich zu vergraben und mit allem, was einen bedrückt alleine zu kämpfen ist nicht gut!" Wellington stellte den leeren Teller zur Seite. Zum ersten Mal, seit Beginn der Belagerung vor fast zwei Wochen hatte er etwas Vernünftiges gegessen. In der Wärme des kleinen Zeltes begann die klamme, feuchte Uniform zu trocknen und Sarahs Gesellschaft wirkte sich, wie immer beruhigend auf ihn aus. Er nahm ihre Hände in die seinen und lächelte sie an: "Burgersh hat mir eine Depesche geschickt. Marschall Soult macht sich mit einer fünfundzwanzigtausend Mann starken Armee auf den Weg nach Badajos , Kleines. Er kann in weniger, als vierzehn Tagen hier sein! Aus Westen marschiert Marmont auf Ciudad Rodrigo! Ein Kurier von General de Espana war gestern bei uns. Wenn die spanischen Garnisonen Ciudad und Almeida an die Franzosen übergeben, weil sie Angst vor einer Verteidigung haben, dann war alles umsonst......."

" Und jetzt machst Du Dir Sorgen, weil Du Dich vielleicht mit Soult schlagen mußt, während Du gleichzeitig Badajos belagerst?"

Arthur schüttelte den Kopf: " Sorgen ist das falsche Wort! Der alte Fuchs weiß ganz genau, daß er mich mit fünfundzwanzigtausend Mann nicht von hier vertreibt. Ich habe mehr als doppelt so viele Soldaten und Drouets Korps ist zwischen Medellin und Don Benito so über die Estremadura verstreut, daß es keine Bedrohung darstellt. Tom Graham hat versucht, sich mit ihnen herumzuschlagen, aber er ist immer nur auf verstreute, einzelne Regimenter gestoßen. Ich muß mich jetzt entscheiden, welchen Weg ich nach Badajos einschlage..... Gegen Marmont und Salamanca und dann in Richtung auf die Pyrenäen, oder gegen Soult und auf Madrid!" Er zuckte ein Wenig hilflos mit den Schultern, " Es ist eine verwirrende Zeit, Sarah! Ich habe so wenig Offiziere, die etwas von einer Belagerung verstehen. Wir haben keine Soldaten, die für die Erdarbeiten richtig ausgebildet sind. Meine Feuerwerker und die Männer, die die Minen legen, sind Amateure aus den Regimentern der Dritten Division, denen Picton während des Winterlagers im Eiltempo beigebracht hat, wie so was in ungefähr funktioniert!"

" Und?" Die junge Frau kannte den Iren lange genug, um zu spüren, daß er auf dem Weg war, sein Herz auszuschütten. So klar, kurz und präzise er sich für gewöhnlich ausdrückte. In diesen schwierigen Augenblicken hatte er die Angewohnheit, lange um den heißen Brei zu reden, bevor er auf den Punkt kam und aussprach, was ihn quälte.

" Und? Sarah, ich werde, wie in Ciudad Rodrigo, den Sturm befehlen müssen, ohne daß die Breschen wirklich ausreichend tief sind. Vauban und seine Theorie sind eine Sache. Was der alte Franzose schreibt und empfiehlt ist auch völlig richtig. Ich habe es in Indien oft genug praktiziert. Aber hier geht es nicht."

Lady Lennox sah den Offizier traurig an. Sie hatte verstanden, was er zu erklären versuchte:" Und wenn Du diesen Befehl jetzt gibst, dann werden viele Männer sterben, nicht wahr?"

Er nickte:" Ich wünschte, dieser Krieg wäre endlich vorbei und wir könnten nach hause zurück. In Kildare kommen jetzt die ersten Fohlen zur Welt. Es regnet, genau so, wie hier, aber irischer Regen ist irgendwie anders - süß, weich und warm! Ich möchte gerne morgens durch den Wald nach Kilkenny reiten, nur das Zwitschern der Vögel hören und nicht das Grollen von Kanonen und abends in eine warme Küche kommen und wissen, daß Deine Hände nicht blutig sind und irgendwo im Haus das Lachen von Kindern hören..................Sarah, seit fünfundzwanzig Jahren tue ich nichts anderes, als Menschen umzubringen; meine Soldaten, die der Gegner, Zivilisten, die zwischen die Fronten geraten. Wenn ich durch eine Ebene reite, dann geht mir als Erstes durch denn Kopf, wo ich meine Regimenter aufstellen könnte und wenn ich einen Berg oder Hügel sehe, dann sage ich mir ‘ Was für eine wunderbare Deckung!’. Wenn ich vor einer Stadt stehe, überlege ich, wie stark die Mauern sind und wo die Batterien stehen sollten, um eine Bresche zu schlagen..............." Der General legte seinen Kopf müde auf Lady Lennox Schulter. Sein Körper schrie nach Schlaf, seine Seele nach Ruhe, nach ein bißchen Frieden. Plötzlich hatte er das Gefühl, daß jede einzelne seiner alten Wunden ihn wieder quälte, während die Gespenster von Assaye, Talavera, Argaum, Vimeiro, Bussaco, Gawilguhr, Rojica, Fuentes de Onoro, Oporto, Seringapatam, Kjöge, Villiers-en-Couche, Tourcoing , Boxtel und Hondschoote in das kleinen Zelt der Ärzte drängelten. Alle riefen sie ihm zu ‘ Es reicht! Es reicht!’ und er wußte nicht, wie er sie zum Schweigen bringen konnte, obwohl es am hellichten Tage war und Black Bob Craufurd sah ihm anklagend in die Augen, denn die kleine Bresche von Ciudad Rodrigo war eine tödliche Falle gewesen und General Mackinnon und Oberst Rawlings und Sergeant Horsefall und all die anderen Toten zeigten mit dem Finger auf ihn. Er zitterte mit einem Mal am ganzen Körper und nur Sarahs zarter Arm, der sich immer fester um seine Schultern legte, verhinderte, daß er in einen tiefen, schwarzen Abgrund stürzte, aus dem sich tote, fleischlose Arme streckten und nach ihm griffen, um ihn mit nach unten zu ziehen. Sein Atem ging schwerer und schwerer, der große Stein erdrückte ihn und er wußte nicht mehr, wie er sich aus der tödlichen Umklammerung der vielen tausend knochigen Finger befreien konnte, die ihn gepackt hatten. Er wollte aus diesem Alptraum erwachen, wieder zurückkehren in die Welt der Lebenden, das Quaken der Frösche hören und das Grollen der Kanonen vor Badajos und Sarahs Stimme. Wenn nur Black Bob endlich aufhören würde, zu ihm zu sprechen und Sergeant Horsefall wieder in seinem feuchten, dunklen Grab verschwände. Plötzlich spürte er zwei harte Schläge links und rechts auf die Wangen: " Arthur, komm zu Dir! Bitte! Bitte !"

Er spürte weiche Lippen, die sich auf die seinen preßten und ein leichter Geruch nach Maiglöckchenwasser legte sich über den Geruch aus Tod und Verwesung, der noch wenige Sekunden zuvor den ganzen Raum ausgefüllt hatte. Er schlug die Augen auf.:"Verzeih mir, Kleines! Es tut mir leid!", flüsterte er. Seine Hände legten sich über sein Gesicht und der Kopf fiel ihm auf die Knie. Langsam lies das Zittern nach. Sir Arthur Wellesley, Ritter des Bathordens, Viscount Wellington of Talavera, Earl of Wellington, Pair von England, Marquis Douro, Herzog von Ciudad Rodrigo, und Grande von Spanien war plötzlich wieder in die Welt der Lebenden zurückgekehrt. Zwei zarte Hände zwangen ein großes Glas Whiskey an seine Lippen. Er hörte, wie eine ruhige, beherrschte Stimme ihm befahl, alles zu trinken und er gehorchte dem Befehl. Dann schenkten die zarten Hände ein zweites Glas voll und mit einem Zug stürzte Lady Lennox es hinunter: " Sepoy-General, Du machst mir keine Angst! Ich bin stärker als Deine Gespenster! Verdammt! Nimm Dich zusammen, steh auf, gehe hinaus und gib den Leoparden den Befehl zum Sturm! Du hast den Weg des Schwertes gewählt! Jetzt mußt Du ihn bis ans Ende gehen, egal wie schwer es Dir fällt! Um Deiner Armee Willen darfst Du nicht an Dir zweifeln." Die kleinen, zarten Hände stießen den Iren fast aus dem Zelt und plötzlich lösten alle Gespenster sich in Nebel auf und die Schmerzen der alten Wunden ließen nach, die Frösche quakten laut und die Kanonen dröhnten. Er hörte nur noch durch den Nebelschleier der Gespenster hindurch, wie er Don Antonio Maria Osorio Cabral de Castro mit fester, kalter Stimme auftrug, einen Befehl für General Picton und die Dritte Division niederzuschreiben und dann die schreckliche Ruhe vor dem Sturm. Es schien Arthur, daß seine Seele neben seinem Körper stand, der erbarmungslos Krieg führte, ohne sich um dieses zweite ‘ Ich ‘ zu kümmern, daß betroffen zusehen mußte.

Am 6.April 1812 war der Höhepunkt der Belagerung erreicht. Lord Wellington hatte den Befehl zum Sturm erteilt. Es war Ostersonntag. Eine Batterie aus vierzehn Howitzern war an das Nordende des ersten Paralelltranchees verlegt worden. Ihr Feuer richtete sich genau auf die stärkste, französische Batterie, die südlich des Kastells, auf den Wällen stand. Genau zwei Stunden vor Mitternacht wurden die Truppen der Leichten und der Vierten Division in die Hölle geschickt. Seite an Seite, in Kolonnenformation, marschierten sie von Süden auf Badajos. Jeder Division voran gingen 500 Freiwillige, die als erstes den Sturm der Breschen versuchen würden. Sie führten Leitern mit sich, und Heuballen, um den Grund unter den Leitern zu sichern. Und ihnen voran zog die ‘Verlorene Hoffnung’,jene Gruppe von Männern, die sich gemeldet hatten, um den ‘glacis’ zu stürmen und das Feuer der französischen Garnison auf die nachfolgenden Kameraden zu bekämpfen. Der Preis war den Einsatz wert. Diejenigen, die überlebten erhielten den nächsthöheren Dienstrang und im Falle eines erfolgreichen Sturms, das doppelte Preisgeld aus der Kriegsbeute. An der Spitze der ‘Verlorenen Hoffnung’ des 33.Regiments marschierte Leutnant Rob Seward. Er war zu Lord Wellington gekommen und hatte ihn um dieses Privileg gebeten. Ein paar kalter, harter Augen hatte den Leutnant kurz angeblickt. Eine feste, emotionslose Stimme hatte geantwortet: " Wählen Sie sich Ihre Männer aus, Sir!" Und eine verzweifelte Seele, die Rob nicht hören konnte, hatte ihm hinterhergerufen: " Warum tust Du Mary das an! Warum lasse ich Dich ziehen, mein Freund!" Und dann waren für den Bruchteil einer Sekunde vor dem inneren Auge des Iren die Schanzen irgendeiner französisch besetzten Festung in den Niederlanden aufgetaucht und er sah, wie in einer eiskalten Winternacht, vor mehr als zwanzig Jahren, ein Major die ‘Verlorene Hoffnung’ des 33.Regiments nach vorne führen, mit gezogenem Schwert und in seiner besten Uniform. Das Herz des jungen Offiziers schrie laut nach Sieg oder Tod! Und Lord Wellington wußte die Antwort darauf, warum er Leutnant Seward hatte gehen lassen.

Durch den dichten Nebel, der sich über die Ebene und die Festung gelegt hatte, konnte man in der Ruhe vor dem Sturm nur den dumpfen Schlag der Glocken der Kathedrale von Badajos und das Quaken der Frösche hören. Die französischen Soldaten der Garnison erwarteten gespannt und still den Angriff, die britischen Truppen mit wildem, entschlossenen Gesichtsausdruck den Befehl zum Sturm. Zwei Mal schon war das Blut ihrer Kameraden vor diesen bedrohlichen Wällen sinnlos vergossen worden. Sie waren entschlossen, Rache an Badajos zu nehmen. Exakt um zehn Uhr abends begann der Vormarsch gegen die drei Breschen. Lord Wellington und sein Stab standen ruhig auf einem Hügelchen, knapp außerhalb der Reichweite der französischen Geschütze. Plötzlich erleuchtete eine Feuerkugel die Szene des leisen Vorrückens britischer Truppen. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte der Ire Angreifer und Angegriffene genau sehen: Schwarze Gestalten, die sich in dicken Trauben hinter dem Glacis verbargen, gefährlich glitzernde ‘cheveaux de frises’, Kanonen in Feuerstellung, scharlachrote Röcke, die sich in Kolonnen, wie ein Lavastrom die Anhöhe vor dem ‘glacis’ hinaufwälzten. Dann wieder nur Dunkelheit. Und plötzlich aufzuckende Lichtblitze und lautes Knallen an vielen Stellen. Der General sah rote Fetzen durch die Luft fliegen. Die ‘Verlorenen Hoffnungen’ der Vierten und der Leichten Division hatten den Minenkorridor des Gegners erreicht. Wieder Explosionen, größer, stärker als zuvor und plötzlich war die Ebene ausreichend erhellt, um dem Geschehen folgen zu können: Die Franzosen hatten Hunderte von Pulverfässern von den Wällen hinunterrollen lassen. An jedem Faß hatte eine brennende Lunte gesteckt. Als die Fässer in die ersten Soldaten, mit voller Wucht hinein gerollt waren, zersplitterte das Holz, die Lunten entzündeten das Pulver. Wieder flogen rote Fetzen durch die Luft, mehr als bei den ersten Explosionen. Die ‘Verlorenen Hoffnungen’ der Vierten und der Leichten Division begannen sich auszudünnen. Rob Seward rannte seinen Männern voran die Anhöhe hinauf. Der Boden war mit spitzen, eisernen ‘Krähenfüßen’ gespickt. Dann kam der Graben. Anstatt voll mit Geröll und abgesplitterten Mauersteinen zu sein, wie die Briten angenommen hatten, war er von den Franzosen eilig gesäubert worden. Kleine Minen lagen unsichtbar auf dem matschigen Grund, Schießpulverspuren zogen sich kreuz und quer durch das Hindernis und warteten nur auf einen winzigen Funken, um die ‘fugasses’ zur Explosion zu bringen und die erste Welle der Angreifer in Stücke zu reißen. Rob und ein paar Männer des 33.Regiments sprangen mit einem riesigen Satz über das gefährliche Hindernis. Andere stürzten. Wieder Explosionen, wieder rote Fetzen, die durch die Luft zu Wirbeln schienen. Die Nächsten rannten und stolperten einfach, unaufhaltsam und von wilder Entschlossenheit getrieben über die toten und verwundeten Leiber im Graben hinweg. Selbst die mit eisernen Spitzen gespickten Planken, die die Franzosen überall unter dünnen Erdschichten versteckt hatten, hielten die Leoparden in ihrem Vorwärtsdrang nicht auf. Die ganze Ebene war so vom Lärm des Kampfes und dem Donnern der britischen und französischen Kanonen erfüllt, daß niemand mehr die Schreie der Verwundeten und Sterbenden wahrnahm. Rob erreichte mit den letzten zehn Männern der ‘Verlorenen Hoffnung’ die Spitze des ‘glacis’ am äußersten Ende der großen Bresche vor San Trinidad. Unweit von seiner Gruppe gelangten Soldaten aus dem 88.Regiment am höchsten Punkt an. Seward warf einen kurzen Blick nach oben und zur Seite. Neben ihm stürzten Leiber in fest verankerte ‘cheveaux de frises’ . Es schien ihm, als ob die Nachfolgenden ihre Kameraden an der Spitze in das tödliche Hindernis hineindrängten, um sich eine Brücke aus Leichen zu bauen. Mit der Hand gab er seinen Männern ein Zeichen zur Seite auszuweichen und sich von der Bresche weg, gegen die Mauer zu pressen. Provozierend brüllten die französischen Soldaten nach unten: " Komm hoch Johnny Bull und nimm Dir die Stadt!" Sie warfen Granaten auf die Angreifer. Die britischen Trompeter stießen ins Horn. Obwohl es noch niemandem gelungen war, die Spitze des ‘glacis’ zu erklimmen und sich immer mehr Leiber in die ‘cheveaux de frises’ spießten, antworteten die Leoparden mit lautem ‘Hurra!’ und stürmten wieder los. Der Graben um die Festung spie Feuer. Badajos glich einem unkontrollierbaren Vulkanausbruch, bei dem alles nur noch Feuer, Hitze und Zerstörung war. Die Erde selbst schien den Tod auszuspeien. Achtlos zerrissen französische Minen Angreifer und Angegriffene in Tausende blutiger Stücke. Rob Seward hatte seine Männer aus der direkten Angriffslinie in Sicherheit gebracht. Dicht an die schützende Mauer gepreßt, dachte er nach. Sein Gehirn arbeitete mit fieberhafter Schnelligkeit. Leise befahl er dem nächststehenden Mann: " Dougal, krieche an der Seite des ‘glacis’ entlang. Siehst Du, da haben sie eine Leiter verloren. Schieb sie zu uns nach oben! Aber ganz behutsam!" Der Mann gehorchte. Vorsichtig glitt er durch den Matsch. Seine Kameraden sahen ihm gespannt zu. Rob schloß die Augen. Er hatte auf Lord Wellingtons Arbeitstisch diese Skizze der inneren Wälle gesehen, die Pater Jack von seinem gefährlichen Ausflug in die Höhle des Löwen mitgebracht hatte. Wenn es ihnen gelang, nur ein paar Yards von der Hauptbresche weg die Leiter zu postieren, dann würden es ein oder zwei Mann nach oben auf den ‘glacis’ schaffen. Und dann müßten sie nur noch die Kameraden aus der ‘Verlorenen Hoffnung’ des Nachbarregiments zu sich locken. Dougal schob die Leiter hoch. Ein anderer Mann hatte sich flach auf den Bauch gelegt und angelte mit den Fingern nach der obersten Sprosse. Endlich bekam er sie zu fassen. Entlang der Hauptbresche stürzten immer neue Angreifer von den Leitern und in den Graben. Er war nun fast vollständig mit den toten und sterbenden Rotröcken ausgefüllt und kaum noch ein Hindernis für die Nachkommenden. Die Leoparden waren wild entschlossen und bedrängten die Adler immer schlimmer. Blaue Röcke flogen von den Wällen nach unten in die ‘cheveaux de frises’. Meldungen trafen bei Lord Wellington ein. Er hatte nur das grausame Schauspiel beobachtet. Jetzt konnte er im Schein einer Kerze die ersten Verlustlisten sehen. Don Antonio bemerkte, wie sein General kreidebleich wurde. "Reiten Sie zu Picton," befahl er, ohne hinzusehen, mit wem er sprach," Er muß das Kastell nehmen!"

Irgendwie gelang es Robin und seinen Männern, die Leiter auf dem glitschigen Boden so gegen die Mauer zu stellen, daß die Franzosen von oben ihren Versuch nicht sehen konnten. Ein junger Bursche wagte den ersten Versuch, auf die Spitze hochzuklettern. Während seine Kameraden die Füße der Leiter noch mit Strohballen absicherten erklärte Seward ihm, welchen Weg er nehmen sollte, wenn er es über den Wall schaffte. Der Rotrock warf sein Gewehr weg. Das Bajonett klemmte er sich zwischen die Zähne. Er war leicht und wendig. Wie ein Affe glitt er an der Mauer entlang. Plötzlich ertönte ein lautes Geschrei aus den Reihen der Leoparden: " Huzzah! Ein erster Mann ist oben! Hurra! Hurra! " Die Franzosen hatten noch keine Zeit gehabt zu reagieren, da war das Äffchen schon irgendwo im Dunkeln verschwunden und der nächste von Robs Männern kam auf dem Wall an. Seward stellte fest, daß auch ein paar Connaught Rangers den gefährlichen Weg auf die Mauer geschafft hatten. Aus diesen bescheidenen Anfängen und getrieben von einem unbändigen Siegeswillen, gelang es den Briten schließlich, eine erste sichere Position zu etablieren. Immer mehr Rotröcke strömten nach oben, während die Reihen der Adler sich auszudünnen begannen. Rob hatte ebenfalls die Spitze erreicht. Während auf den Wällen ein heißer Kampf entbrannte, schlich das ‘Äffchen’ sich dicht an den inneren Wall gepreßt, auf das große Stadttor von Badajos zu. Rob hatte Lord Wellingtons Skizze richtig in Erinnerung gehabt. Da alle Soldaten der französischen Garnison sich in den Breschen und an den Wällen den Briten entgegenwarfen, stieß der Junge auf keinen ernsten Widerstand. Sein Bajonett bohrte sich von hinten gnadenlos in den Rücken des einzigen Wachpostens. Dann trennte er mit vier scharfen Schnitten die Seile durch, die die mächtigen Winden mit den Eisenketten der Zugbrücke in ihren Plätzen festhielten. Jetzt mußte er nur noch den schweren Eichenbalken nach oben drücken, dann würde die gelöste Zugbrücke das Tor aufschlagen und einen Weg für seine Kameraden in die Stadt hinein freimachen. Schwer atmete das ‘Äffchen’. Mit seiner ganzen Kraft stemmte er die Schultern gegen den Balken. Dann sprang er zur Seite. Holz krachte, Splitter flogen durch die Luft und mit unglaublicher Wucht rammte sich die Zugbrücke durch das Tor. Die Eisenketten sprangen dabei von den Winden. Während der Junge noch erschöpft nach Luft rang, stürmten schon die ersten Männer aus General Leiths Fünfter Division in die Stadt hinein. Bald klangen die Trompeten der Regimenter in allen Straßen. Die Männer griffen die Verteidiger der Festung im Rücken an, während die Überlebenden der Dritten und der Leichten Division sie vom ‘glacis’ und von den Wällen trieben. Rob Seward kämpfte wie ein Löwe. Schweiß rann ihm in die Augen, während er sich mit dem Schwert seinen Weg durch die Franzosen bahnte. Durch den Lärm des Kampfes hörte er Sir Thomas Pictons dröhnenden Baß. Keine fünfzehn Fuß von ihm entfernt mähte der alte Waliser mit wuchtigen Schlägen Adler um Adler nieder.

Ein junger Arzt saß zusammengesunken und weinend in der Ecke eines kleinen Zeltes aus Wachstuch. Niemand konnte ihn trösten, oder zur Ruhe bringen. Das Haar hin ihm ungewaschen und fettig ins Gesicht. Er zitterte am ganzen Körper, doch niemand konnte ihn dazu bewegen, aufzustehen, das Zelt zu verlassen, sich zu waschen, zu schlafen. Auf einem groben Holztisch stand ein Dutzend leerer Brandyflaschen. Und die ganze Zeit über donnerten die Kanonen erbarmungslos und tödlich. Sechs Tage lang hatten Arthurs Gespenster Sarah gequält, dann endlich fiel Badajos, die Unbezwingbare. Ein besiegter, französischer General übergab Lord Wellington mit gebeugtem Haupt sein Schwert. Fünftausend tote und verwundete Soldaten lagen unter den trotzigen Wällen der Festung. Der Ire nahm das Schwert entgegen und blitzte Gouverneur Phillipon böse an. In seinen Augen stand der blanke Haß geschrieben. Dann packte er die Waffe kurz unterhalb der ‘garde’ mit beiden Händen und schlug sie hart über’s Knie. Das zerbrochene Schwert warf er dem unterlegenen Feind vor die Füße. Es war die schlimmste Demütigung, die ein Sieger einem Besiegten zufügen konnte.

" Sollen wir den Frosch jetzt aufknöpfen, Mylord!" , erkundigte Oberst Campbell sich geschäftsmässig bei seinem Oberkommandierenden.

"Schaffen Sie Ihn mir aus den Augen, Colin! Verdammt, schicken Sie ihn nach Lissabon und dann nach England, bevor ich es mir anders überlege!" Mit einem Ruck drehte Arthur sich zu den Soldaten um: "Vierundzwanzig Stunden! Habt Ihr verstanden? Ihr könnt tun, was Ihr wollt! Danach schicke ich den Provost-Marschall los!", fauchte er die Rotröcke an und verschwand in der Dämmerung des anbrechenden Tages.

In der Stadt herrschte eine tödliche Stille. Jede Tür war verriegelt, jeder Fensterladen fest verschlossen. Die Bewohner wagten es nicht, nach draußen zu kommen, denn zwanzig schreckliche Tage lang hatten sie gehofft, die Alliierten würden geschlagen werden. Das barbarische Gesetz des Krieges gestattete es denen, die eine Festung im Sturm nahmen, alles in Schutt und Asche zu legen, zu morden, zu vergewaltigen, zu plündern und zu stehlen. Vier Mal hatte Sir Arthur, General Phillipon ein Ultimatum gestellt. Vier Mal hatte der französische Gouverneur von Badajos sich geweigert, die Waffen vor den Alliierten niederzulegen. Und so fegte in den frühen Morgenstunden des 7.April 1812 ein Feuersturm über die besiegte Stadt: Die britischen Soldaten waren durch die Hölle gegangen, die Überschwemmungszone des Rivellas ähnelte einem See aus Blut, auf den ‘cheveaux de frises’ aufgespießt, hingen die leblosen Körper Hunderter ihrer Kameraden, die Ebene vor den Wällen war mit Körperteilen und von Granaten zerfetzten Leibern übersäht, in den Breschen stapelten die Kadaver sich so hoch, daß die toten Leiber noch in den Morgenstunden warm waren. Halbverkohlte Leichen, der beißende Geruch verbrannten Fleisches, das Flammenmeer hinter der ersten Bresche, in dem so viele der ihren grauenvoll umgekommen waren; all diese traumatisierenden Bilder frisch im Gedächtnis, stürzten Wellingtons Leoparden aus der einen Hölle in die andere. Jede Tür wurde eingeschlagen, alte Männer niedergeschoßen, Frauen vergewaltigt, Kinder auf Bajonetten aufgespießt. Während die Soldaten Englands ihrem Haß und ihrer hilflosen Wut in den Straßen von Badajos freien Lauf ließen, stieg der Ire langsam den steilen ‘glacis’ der Hauptbresche hinauf, der direkt unterhalb der St.Trinidad-Bresche lag. Alles war Zerstörung. Zwischen noch glühenden Holzbalken und Mauerbrocken, die durch de

n Beschuß auf den ‘glacis’ gestürzt waren, wanden sich die blutigen Leiber sterbender britischer und französischer Soldaten. Über den ‘cheveaux de frises’ türmten sich Leichenberge. Lord Wellingtons Seele kehrte in diesem Augenblick mit einem Schlag wieder in seinen Körper zurück. Erschöpft sank er auf die Knie und lies seinen Tränen freien Lauf. Seine Adjutanten und Sir Thomas Picton verstanden nicht: Im Augenblick des Sieges - Ruhm und Ehre waren sein, denn er hatte die Unbezwingbare genommen und zerstört - weinte der Oberkommandierende des anglo-alliierten Feldheeres.

" Gute Güte, was ist los!" fuhr der alte General aus Wales, Arthur gefühllos an. Wellington rappelte sich auf, wischte sich mit dem schmutzigen Ärmel der Felduniform übers Gesicht und schluckte. Um das Unerklärliche zu erklären, schimpfte er los; auf die Regierung in Whitehall, die ihm keine Minenleger und Feuerwerker geschickt hatte, auf Robert Castlereagh, auf den Premierminister, auf Prinny und sogar auf Knobbs, Englands verrückten alten König, der vermutlich nicht einmal wußte, wo Badajos auf einer Landkarte zu finden war. Am 8.April kamen die Provost-Marschälle in die Stadt. Unter den grimmigen, rauchgeschwärzten Mauern der alten Kathedrale errichteten sie Galgen.

 

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